Mit großen Veränderungen im Stil von Susan Falkman wird der Betrachter konfrontiert, wenn er die Webpage der US-amerikanischen Bildhauerin durchblättert: da gibt es die großen Formen aus massivem Stein, unverkennbar mit Anklängen an die Natur oder den weiblichen Körper, dann findet man Reliefs, bei denen der Stein nur noch Zentimeter dick ist, oder zuletzt ganz abstrakte Formen, die auf den 1. Blick Keramikfliesen für die Wand sein könnten.
In dieser Vielfalt ist wohl ihr Leben abgebildet, und wohl auch der Beginn im Elternhaus: sie hatte Musiker-Eltern, im Wohnzimmer gab es einen großen Flügel, aber keine Möbel und, natürlich, kein TV, dafür aber die Zeitschrift National Geographic, über die sie zum US Peace-Corps kam, das die Freiwilligen für 24 Monate in ein Projekt im Ausland schickte, woraus der Wunsch entstand, sich die Welt anzuschauen, die Kulturen und das Denken woanders.
Als junge Frau war sie unterwegs, vor allem in Südeuropa, in der Türkei und im Nahen Osten und dabei stieß sie auf die Bildhauerei auf der griechischen Insel Naxos: „Da wurde ein Licht angeschaltet – das ist es, was ich machen musste“, blickt sie zurück. Anschließend Aufenthalt in Carrara, „mehrere Jahre lang … mit vielen Kapiteln“.
Für eine Ausstellung kam sie vorübergehend zurück nach Milwaukee, Wisconsin, begegnete dort einem Mann, der kam zu Besuch nach Carrara, als sie mit gerade 40 über ihr Leben neu nachdachte, sie ging mit ihm in die USA, „hatte mit 45 einen Sohn, Scheidung, und weitere Kapitel“.
Aufgrund des Staccato-Stils, der aus ihrer Antwortmail auf unsere Fragen durchklingt, könnte man meinen, sie würde von der Seitenlinie des Spielfelds das Leben von jemand anderem verfolgen.
Tatsächlich findet man diesen Blick eines Beobachters von außen auch in ihrer Kunst. Die natürlichen und weiblichen Formen, die wir oben erwähnt hatten, habe sie alle in der Natur oder in der Welt um sich herum gefunden: „Es ist alles da, die Samen vergrößert, eine erstaunliche Welt der Formen, die Anatomie der Blumen, aller Pflanzen, jede mögliche Form ist da. Das Land, von Wind und Schnee geschaffen, die Berge… die Wolken… die Formen, die uns umgeben, uns überwältigen… der weibliche Körper ist nur ein Teil davon, da ist nichts, was ihn auszeichnen würde.“
Die Beobachtung der Natur und die Verarbeitung von deren Erscheinungsformen ist aber nur die eine Seite ihrer Kunst.
Die andere ist ihre Lust an Expeditionen und Grenzgängen, sowohl ins Leben als auch ins Material.
Etwa bei der Serie „Paper Doll Dresses“. Dabei handelt es sich ursprünglich um Kleider für kleine Mädchen, die aus Papier gefertigt werden. Auf die Idee sei sie gekommen, nachdem sie im Studio an großformatigen Arbeiten aus heimischem Red Granit gearbeitet hatte und plötzlich ihr Interesse an einem Gegenstück zu solchen eine halbe Tonne schweren Brocken spürte. „Meine Herausforderung ist, an die Grenze des Steins zu kommen, das Material von der Erde in die Luft zu heben.“
Schließlich ihre jüngsten Arbeiten. Auf den 1. Blick glaubten wir, sie sei zu den Produktdesignern gewechselt und würde nun künstlerische Fliesen aus Marmor für Wandverkleidungen gestalten.
Was die rechteckige Form dieser Kunstwerke angeht, könnte man das so sehen. Aber diese äußere Form steht symbolisch für den Menschen, und die Gestaltung der Oberfläche der Rechtecke steht für den Klimawandel und die Zerstörung der Natur.
In „Upstream Downstream“ zeigt sie das Land, bedroht vom Schmelzen an den Polen und vom Ansteigen des Meerspiegels; in „What lies beneath“ hat sie einen Schottenrock als Symbol für die Komfortzone, ein Fluss rauscht hindurch und setzt die Bequemlichkeit unter Wasser.
Fotos: Suzan Falkman