Im EU-Projekt NanoSafe wurde eine Bestandsaufnahme der Verwendung von Nano-Materialien an Naturstein und in der Baubranche gemacht

Webpage des Projekts NanoSafe.

VR-Lernmaterialien informieren über den Gesundheitsschutz

„NanoSafe“ heißt ein von der EU finanziertes Projekt, in dem es um Gesundheitsschutz beim Einsatz von Nano-Materialien in der Baubranche geht. Auch an Naturstein sind sie diese Stoffe zu finden, etwa als Mittel zur Verfestigung von historischen Fassaden. Gerade die Hersteller von Engineered Stones werben damit, dass ihre Oberflächen durch Nano-Technologie bakterienfrei sind, Natursteinfirmen haben inzwischen nachgezogen und setzen solche Imprägnierungen im Rahmen ihres Marketings ein.

In dem Projekt von November 2020 bis Oktober 2022 wurde zum einen eine Bestandsaufnahme der Verwendung von Nanomaterialien im Zusammenhang mit Stein und Kunststein sowie allgemein am Bau vorgenommen. Zum anderen wurden Lernmaterialien erstellt, die die Beschäftigten und genauso die Lehrer an Schulen und Ausbildungsstätten über die probaten Schutzmechanismen informieren.

Keine Aufregung jetzt, denn: die herkömmlichen Methoden gegen Feinstaub am Arbeitsplatz sind auch bei Nanomaterialien hinreichend. Jedoch: sie müssen auch eingesetzt werden, und damit steht es nicht zum Besten. „Besonders bei jungen Leuten sind Masken, Handschuhe oder Filteranlagen unbeliebt“, sagte David Caparrós Pérez aus dem Projekt bei einem Abschlusstreffen Mitte Oktober in Würzburg. Er ist beim spanischen Centro Technológico del Mármol (CTM) tätig und kennt die Situation in den Ländern des europäischen Südens.

Um besonders junge Leute für diesen Aspekt des Arbeitsschutzes gewinnen, wurde ein Lernvideo für den Einsatz mit VR-Brille (VR = Virtuelle Realität) entwickelt. In virtuellen Szenen wird dem Teilnehmer eine Aufgabe gestellt, für die er die richtige Antwort auswählen muss.

Dass man sich gerade für diese Lernmethode entschieden hat, hat auch mit Imagepflege zu tun, wie beim Abschlusstreffen gesagt wurde: die Baubranche könne sich damit dem Nachwuchs als modern präsentieren.

Vorführung der VR-Lernszenen beim Abschlusstreffen.Vorführung der VR-Lernszenen beim Abschlusstreffen.

Einen ganzen Katalog von VR-Szenen, aber auch Lerntexte, wird es auf der Projektseite im Internet in verschiedenen Sprachen zum Download geben. Sie sind in der Navigation dort unter dem Oberbegriff OER (Open Educational Resources) zu finden.

Die Nanotechnologie wurde entwickelt, um bestimmte Situationen aus der Natur nachzustellen. Das berühmteste Beispiel ist der Lotuseffekt, der die Wassertropfen und allen Schmutz vom Blatt dieser Pflanze abperlen lässt. Dafür hat die Lotuspflanze sich keineswegs eine besonders glatte Oberfläche zugelegt, sondern, im Gegenteil: auf ihren Blättern gibt es eine riesige Zahl von winzigen Hügeln, die einem Wassertropen keine feste Auflage bieten, so dass er beim geringsten Luftzug oder Anstoß abperlt.

Die Vorgänge spielen sich nur wenig über der Ebene der Atome oder Moleküle ab.

Künstlich kann man diesen Effekt mit bestimmten Nano-Molekülen nachstellen. Zum Beispiel: Kieselsäure, mit der eine Steinoberfläche behandelt wird, verstärkt den Zusammenhalt der Steinkristalle. Titandioxid (TiO2) bringt den Lotuseffekt oder den Anti-Bakterien-Effekt mit sich. Heutzutage tragen viele Fassadenfarben Nanomaterialien in sich, ebenfalls zahlreiche Imprägnierungen oder wasserabweisende Mörtel. Reiner Krug vom Deutschen Naturwerkstein-Verband stellte bei dem Abschlusstreffen eine lange Liste solcher Mittel vor.

Schon seit einigen Jahrzehnten schon werden sie eingesetzt. Nach dem bisherigen Stand des Wissens scheinen von ihnen unmittelbar keine Gesundheitsgefahren auszugehen. Wird jedoch eine mit Nano behandelte Küchenarbeitsplatte zerschnitten, entsteht Staub und in dem werden die Nanomaterialien wieder frei. Unbedingt ist deshalb der übliche Arbeitsschutz zu einzuhalten.

Viele Detailfragen zu Ursache und Wirkung von Nano sind derzeit noch offen. Forscher der TU Wien und der Universität Oslo haben kürzlich deshalb genauer untersucht, was eigentlich geschieht, wenn eine bröckelnde Sandsteinoberfläche mit Nano behandelt wird.

Die Erkenntnis: Wenn diese Imprägnierung auf die Oberfläche aufgetragen wird, dringt sie in die Gesteinsporen ein, wo das Wasser alsbald verdunstet. Die Nano-Moleküle bleiben zurück und bilden so genannte kolloidale Kristalle: sie formen Brücken zwischen den einzelnen Sandkörnern und verleihen so dem Gestein zusätzliche Stabilität.

Hier gilt: Je kleiner die Nanopartikel, umso mehr verstärken sie den Zusammenhalt zwischen den Sandkörnern.

Zur Veranschaulichung, von welchen Größenordnungen die Rede ist: ein Nanometer ist im Vergleich zu einem Meter so groß wie ein Fußball im Vergleich zur Erdkugel. Dieser und mehr Aspekte sind anschaulich in einem pdf der Berufsgenossenschaft der Bauwirtsschaft (BG Bau) zusammengetragen.

Übrigens: Ob der Einsatz von Nano in jedem Fall sinnvoll ist, bleibt fraglich. Zum Beispiel sind Bakterien in ungeheurer Zahl überall um uns herum, so dass der Kampf gegen sie an der Küchenarbeitsplatte nicht wirklich gesundheitliche Effekte haben dürfte.

Schließlich: die US-Firma Nano Stone mit Aktivitäten in Korea, China, Japan und Hongkong verspricht auf ihrer Webpage, ihren Steinen „lange haltbare Duftnoten“ mitzugeben und nennt unter anderem Rose, Lavendel und Jasmin.

Wir kommentieren mit einem Augenzwinkern: Nano macht Naturstein sexy.

Die Mitwirkenden am Projekt NanoSafe waren:
* Deutscher Naturwerkstein-Verband (Koordination)
* Bildungszentrum des Baugewerbes, Deutschland
* Scuola Edile Padova, Italien
* Centro Technológico del Mármol (CTM) Spanien
* National Technical University of Athens, Griechenland
* Firma Delta, Griechenland

NanoSafe

Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft

Forschungsprojekt der TU Wien

Firma Nano Stone

(23.11.2022)