Abbaustätten stoßen vielerorts auf mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung und müssen mit anderen Nutzungen konkurrieren
Sand und Kies sind die bedeutendsten heimischen Rohstoffe. Sie werden besonders für die Bauwirtschaft gebraucht, die ein Motor der Gesamtwirtschaft ist. Doch die Versorgung wird in Deutschland zunehmend schwieriger. Konkurrierende Nutzungen, immer weniger Abbauflächen, eine vielerorts mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung sowie die aktuelle Energiekrise führen teilweise zu erheblichen Problemen bei der Gewinnung dieser wichtigen Baurohstoffe, wie eine neue Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) unter dem Titel „Sand und Kies in Deutschland“ zeigt.
„Mittelfristig wird die Versorgungslage für Sand und Kies in einigen Regionen problematisch, wie zum Beispiel in Dresden, im Großraum Berlin, in der Region Köln und im mittleren Donautal zwischen Ulm und Ingolstadt“, sagt Dr. Harald Elsner, Autor der Studie. Der BGR-Rohstoffexperte hat bei seinen Recherchen für den Bericht mehr als 270 Sand- und Kiesgewinnungsstellen aufgesucht, um sich vor Ort ein Bild von der aktuellen Situation machen zu können.
Seine zweibändige Studie gibt einen Überblick über die Vorkommen von Sand und Kies in Deutschland, Produktionsbedingungen sowie aktuelle Entwicklungen.
„Die größte Herausforderung für die Sand- und Kiesindustrie in Deutschland ist der Flächendruck“, so BGR-Experte Elsner. Konkurrierende Nutzungen durch Wasser-, Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Infrastrukturanlagen wie Straßen und Schienenwege, die Wohnbebauung sowie Gewerbegebiete schließen je nach Bundesland zwischen 50 % und weit über 70 % aller Kiessandvorkommen von einer Nutzung aus. Zudem stehen häufig private Eigentumsinteressen einem Abbau im Wege. Die Folge: In einigen Regionen Deutschlands, vor allem in Bayern und Schleswig-Holstein, können Kiesunternehmen bereits heute lokal überhaupt kein Abbauland mehr erwerben.
Ein weiteres Problem bei der Ausweisung von Abbaugebieten sind langwierige Planungsverfahren. Aufgrund der ständig steigenden Anzahl von zu bearbeitenden Einsprüchen gegen getroffene Entscheidungen verzögert sich die Neuaufstellung von Regionalplänen häufig um viele Jahre. Das verschärft nicht nur die Situation betroffener Betriebe, deren Kiessandvorräte in den bisherigen Gewinnungsstellen zur Neige gehen und die deshalb ihre Produktion gezielt drosseln. Es hat auch Auswirkungen auf die allgemeine Versorgungslage in einer Region, die in diesem Fall auf Rohstoffzulieferungen aus zum Teil weit entfernten Abbaugebieten zurückgreifen muss. Das führt zu höheren Preisen sowie zusätzlichen Verkehrs- und Umweltbelastungen.
Die ohnehin schon wachsenden Herausforderungen beim Abbau von Sand und Kies werden durch die aktuelle Energiekrise zusätzlich verschärft. Aufgrund der hohen Energiepreise werden derzeit in Deutschland überall Sand- und Kiesgruben stillgelegt, in denen mobile Siebanlagen bisher durch Dieselaggregate betrieben wurden. Besser sieht es in größeren Kieswerken aus, die an das Stromnetz angeschlossen sind. Diese wollen vielfach ihre Energieversorgung auf Photovoltaik umstellen und mit Hilfe von selbst erzeugtem grünen Wasserstoff zeitnah ihre Fahrzeugflotte betreiben. Doch nicht alle Unternehmen haben mit ihren Bemühungen Erfolg. „Während stationäre Photovoltaik-Anlagen meist genehmigt werden, erhalten Firmen bei Anträgen für schwimmende Photovoltaik-Anlagen auf Baggerseen von den Behörden aus umwelt- oder wasserschutzrechtlichen Gründen fast immer eine Ablehnung“, berichtet BGR-Experte Elsner.
Informationen zur Gewinnung von Sand und Kies in Deutschland:
Derzeit werden in Deutschland aus 2.631 Gewinnungsstellen an 2.215 Standorten Sande und Kiese für die Bauindustrie gewonnen. 1.744 Gewinnungsstellen werden im Trockenen betrieben, 887 sind Baggerseen. Die meisten Gewinnungsstellen gibt es in Bayern (737), gefolgt von Niedersachsen (533) und Nordrhein-Westfalen (251).
Aus einer Rohförderung von 309 Millionen Tonnen im Jahr 2021 waren 277 Millionen Tonnen Sand und Kies verwertbar. Die nicht verkaufsfähigen Mengen, meist Sand und noch feinere Bestandteile, wurden zur Rekultivierung bzw. Renaturierung eingesetzt. Im Jahr 2021 wurden 3,1 Millionen Tonnen Sand und Kies nach Deutschland importiert, 14,8 Millionen Tonnen exportiert, davon 90,5 % in EU-Nachbarländer. Neben dem Export (5,3 % der verwertbaren Förderung) wurden Sand und Kies vor allem im Tief-, Erd- und Straßenbau sowie Garten- und Landschaftsbau (Anteil rund 44 %), in der Transportbetonindustrie (28,8 %), der Betonfertigteilindustrie (8,2 %) und für die Herstellung von Betonpflastersteinen (5,6 %) verwendet
Die Preise für Sand und Kies schwanken in Deutschland regional erheblich und lagen vor Beginn des Ukrainekriegs für Großkunden für gewaschenem Sand (Betonsand) zwischen netto 0,50 €/t und 19,50 €/t (im bundesweiten Mittel 7,70 €/t), bzw. für gewaschenem Kies (Betonkies) zwischen netto 5,00 €/t und 25,00 €/t (im bundesweiten Mittel 11,60 €/t). Abnehmer von kleinen Mengen bezahlen höhere Preise. Alle Preise wurden mittlerweile durch Energieaufschläge angehoben und werden durch die hohe Inflation absehbar weiter um 10 bis 15 % im Jahr ansteigen.
Sand und Kies in Deutschland – Band I
Sand und Kies in Deutschland – Band II
(21.12.2022)