Mit „The Henge“ zog während des London Design Festivals 2022 ein moderner Steinkreis im Bürokomplex Canary Wharf ein

„The Henge“.

Die Konstruktion ist schnell und leicht auf- und abbaubar und steht für Nachnutzungen bereit

Das Besondere gleichermaßen an den rechteckigen Säulenhallen der Antike wie an den runden Steinkreisen in Großbritannien ist, dass sie zwar offen und einladend sind, aber dennoch einen abgeschlossen Raum schaffen. Dieser Innenraum habe eine ganz besondere Atmosphäre oder stahle einen Zauber aus, sagen manche – jedenfalls entsteht ein Ort gewissermaßen außerhalb der Welt drumherum. Solch eine Zone in Kreisform wurde im Rahmen des London Design Festival 2022 geschaffen, so dass Büroleute oder Besucher sie als Ort für Entspannung und Kontemplation nutzen konnten.

Der Name war „The Henge“ unter Bezug auf den weltberühmten Steinkreis nahe der englischen Ortschaft Amesbury. Das Design kam vom Architekturbüro Stanton Williams, die Ingenieurplanung von Webb Yates. Den Stein lieferte die portugiesische Firma LSI Stone. Deren Chefin, Regina Vitório, findet in dem Projekt eine Komponente des Steins umgesetzt: „Alan Stanton und seine Kreativität haben uns in eine andere Dimension mitgenommen: die abstrakte Welt der Träume und Emotionen.“

„The Henge“.

Gezeigt wurde der moderne Steinkreis im Herzen der Docklands im Bürokomplex Canary Wharf, wo sich 3 der höchsten Bürotürme des Vereinigten Königreiches befinden und eigentlich Business die Atmosphäre prägt.

Die Struktur und die Nutzung sind auf den 1. Blick zu verstehen. Zusammen aber mit der Vorgabe, dass eine einfache und demontierbare Konstruktion entstehen sollte, waren doch einige besondere Architektur-Kniffe zu entwickeln.

Einer bestand in der Ausführung der Verbindungsarme zwischen den Steinplatten. Sie gewährleisten, dass die flexibel an Windlasten oder Stöße angepasste Struktur stabil ist. Bildlich gesprochen: wenn eine Steinscheibe kippen will, muss die nächste sich ebenfalls bewegen, und dann läuft die Kraft über die schrägen Holzelemente um den Kreis herum, dass kein Stein kippen kann.

Eine andere Besonderheit sind die Keile und Laschen, mit denen die Verbindungen festgesteckt sind. Sie machen es möglich, dass die Konstruktion ganz ohne Schrauben oder Verklebungen auskommt. Das Material ist Sperrholz.

„The Henge“.

Die Architekten wählten es nicht nur, weil es billig und leicht zu verarbeiten ist. Sie erlaubten sich damit auch eine ungewöhnliche Randbemerkung zu ihrem Materialeinsatz: „Holz ist stark und Stein ist leicht“, ist sozusagen ihre Aussage, die sich daran ablesen lässt, dass Sperrholz für die Unterkonstruktion verwendet wurde.

Diese Aussage wurde jedoch nur mit einem Augenzwinkern getroffen. Denn eigentlich war der Grund für die Unterkonstruktion, dass die Steinplatten nicht die Höhe hatten, die für die ästhetische Wirkung des Ensembles innerhalb der Bäume vor Ort notwendig war.

„The Henge“.

Außerdem ließen sich so die gewünschten Sitzbänke problemlos in das Rund der Steinplatten integrieren.

„The Henge“ wurde mithilfe eines kleinen Krans aufgestellt und nach dem Baukastenprinzip montiert. Der Kreis besteht aus 30 Steinplatten mit 2,40 m Höhe und je 300 kg Gewicht.

Aktuell suchen die Initiatoren nach einer Weiternutzung, beispielsweise in einer Schule, die eine Theaterbühne braucht.

Stanton Williams

Webb Yates

LSI Stone

Photos: Mark Cocksedge

(26.12.2022)