Frauen kaufen am liebsten von Frauen, haben Forscher herausgefunden

Frauen sind in der Steinbranche nicht wirklich sichtbar.

Diese Erkenntnis aus dem Bereich des Kunsthandwerks ist auch relevant für die Steinbranche / Bericht aus Polen über Frauen in Steinbetrieben dort

Die Steinbranche braucht mehr Frauen als Mitwirkende. Das ist eine alte Erkenntnis und hat zu Initiativen wie Women in Stone, Le Donne del Marmo oder Women‘s International Stone Alliance geführt. Nun taucht aus der Verbraucherforschung ein neuer Aspekt zu dem Thema auf: Frauen kaufen am liebsten Produkte, die von Frauenhand gefertigt wurden. Das ist das Ergebnis von zahlreichen Studien, deren Zusammenfassung die Wissenschaftler der Copenhagen Business School und der Technischen Universität München im Journal of Consumer Psychology veröffentlicht haben.

Aus zwei Gründen ist diese Erkenntnis für die Steinbranche von besonderer Bedeutung: erstens sind ihre Kunden vor allem Frauen, nämlich Privatpersonen, die über die Inneneinrichtungen der Häuser und Wohnungen entscheiden, oder Innenarchitekturbüros mit einem Frauenanteil von nahezu 100 % beziehungsweise Architekturbüros mit ebenfalls einem hohen Frauenanteil.

Zweitens: Steinprodukte tragen einen hohen Anteil an Handarbeit in sich. Der reicht vom Zuschneiden etwa von Küchenarbeitsplatten, Treppenstufen oder Fensterbänken bis hin zur Installation.

Werke von Bildhauerinnen gehören auch dazu, zählen jedoch nicht zu den Produkten für den Alltag, um die es hier geht.

In 13 Studien haben die beiden Forscherteams das besondere Interesse von weiblichen Verbrauchern an Frauenarbeit festgestellt. Sie nennen verschiedene Gründe dafür: es gebe ein Faible bei den Frauen für persönliche und individuelle Kauferlebnisse oder auch den Wunsch, mit der Kaufentscheidung einen Beitrag zu Chancengleichheit in der Wirtschaft zu leisten.

Wie die Autoren, Benedikt Schnurr and Georgios Halkias, schreiben, lässt sich dieser Trend schon seit einiger Zeit bei Online-Marktplätzen wie Etsy, ArtFire, Zazzle and Amazon Handmade beobachten. Dort bieten Kleinkünstler oder Heimwerker selbst gefertigte Produkte an. Auffallend sei dort, dass bei Präsentationen von Produkten aus Frauenhand inzwischen beinahe immer ein Foto der Produzentin dabei ist.

„Im Jahr 2021 haben allein auf Etsy fast 100 Millionen Käufer Produkte aus Handarbeit gekauft“, umreißen die Autoren den Markt für Kunsthandwerk. Das US-amerikanische Magazin BusinessWire schrieb kürzlich, dass im Jahr 2024 der heimische Markt für Kunsthandwerk 402 Milliarden US-$ erreichen werde.

Welchen Anteil haben schon heute Frauen in der Steinbranche? Exakte Zahlen gibt es nicht. Jedoch ist ihr Anteil in den Bürotätigkeiten traditionell hoch.

Nowy Kamieniarz (134/2022).

Die polnische Zeitschrift Nowy Kamieniarz hat sich in ihrer Ausgabe 134/2022 ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Sie hat das katholisch geprägte Land nach Beispielen für Frauen an den Steinmaschinen abgegrast und einige gefunden. Der Titel des Beitrags lautete „Kobiety z marmuru“ (Frauen aus Marmor).

In der Firma Kas Kam in der Ortschaft Sieradz gibt es gleich 4 Mitarbeiterinnen: Ina, Katya, Halinka und Tatiana – allesamt in der Werkstatt (Fabrik) tätig und allesamt aus der Ukraine stammend, jedoch lange vor dem Krieg eingereist.

Teils kamen sie mit ihren Männern nach Polen und suchten einen Job, teils kamen sie mit Familien, Gruppen oder auch alleine. In dem Bericht klingt es so, als hätte es sich in der Ukraine rumgesprochen, dass es bei Kas Kam gute Arbeit auch für Frauen gebe.

Der Chef Slawomir Kawczynski jedenfalls ist voll des Lobes über die Ladies: „Feinarbeit in der Produktion ist inzwischen allein ihre Domäne.“ Natürlich müssten bei extrem schweren Werkstücken die Männer mit anpacken.

Übrigens hat die Firma in der Fabrik auch eine Mitarbeiterin aus Polen.

Schwierigkeiten mit den Frauen bei körperlicher Arbeit hätte eigentlich eher das Umfeld, berichtet Beata Zbanyszek, die zusammenmit ihrem Ehemann Paweł einen Steinmetzbetrieb in der Ortschaft Piła betreibt. Der Betrieb hat sich auf Grabsteine spezialisiert. Beim Versetzen der schweren Brocken auf dem Friedhof gebe es gelegentlich Äußerungen von Passanten, die bedauerten, dass „die Frau so schuften muss“. Beata kümmert sich auch um das Design der Grabsteine.

Als anderes Beispiel wird in dem Bericht die Firma Wrimar in Oborniki genannt, wo die beiden Töchter Paulina und Marta des Firmengründers Włodzimierz Ratajczak im Betrieb arbeiten. Probleme wegen des Geschlechts kennen sie allenfalls von Männern, die schon älter sind, heißt es.

Mit einem Augenzwinkern berichten sie von einem Handelsvertreter, der beim Besuch in der Firma zunächst gerne den Kaffee von der Sekretärin im Betrieb annahmen, später im Gespräch mit einer der Chefinnen aber fachlich so sehr ins Schwimmen geriet, dass er händeringend mit der Ausrede, er müsse dringend „die Zentrale kontaktieren“, das Weite suchte.

Der Beitrag in Nowy Kamieniarz kann auf polnisch heruntergeladen werden.

Journal of Consumer Psychology

Natural Stone Institute: Women in Stone (1, 2)

Le Donne del Marmo (italienisch)

Women‘s International Stone Alliance

Nowy Kamieniarz (134/2022), 1, 2

(16.01.2023)