Der Designer aus Taiwan gestaltet Vasen für Pflanzen, die vertrocknet sind
Vasen gibt es in unendlichen Abwandlungen. Im Kern haben sie eins gemeinsam: es handelt sich um Behältnisse, die das Wasser für die Pflanzen bereithalten und die den Stängeln Halt geben.
Es sei denn … man nimmt sich diejenige Phase aus dem Dasein einer Pflanze vor, wenn sie kein Wasser mehr braucht. Weil sie nämlich nicht mehr grün, sondern vertrocknet und tot ist, wie man sagt.
Wir wissen: gerade dann haben Blüten, Blätter und Stängel mancher Arten einen besonderen Reiz und sind folglich bei Dekorateuren sehr beliebt.
Die Kreativsparte Marsotto Edizioni der italienischen Firma Marsotto zeigte im Frühjahr 2018 in Mailand ihre neue Marke Marsotto LAB. Dort hatten Studenten der Kunsthochschule ECAL (École cantonale d’art de Lausanne) Uhren aus Naturstein entwickelt. Teil der Präsentation waren die Vasen „Cut“ des taiwanesischen Designers Kai Hsuan Liu, um die es hier geht.
Minimalistisches Design: Kai Hsuan Liu hat Abfallstücke aus Marmor einfach nur rechtwinklig zugeschnitten und mit einem leichten Einschnitt für den Stängel der Pflanze versehen.
Wir könnten zu dieser Designidee nun viel schlau herumfabulieren: über die zeitliche Begrenztheit des Grüns im Gegensatz zur Unendlichkeit des Steins, über das Zusammenkommen eines extrem zerbrechlichen mit einem extrem festen Material, um die Wertschätzung, die da jemand den Objekten jenseits ihrer Blütezeit entgegenbringt, über Abfall, der gar nicht Abfall sein muss…
Sagen wir es kurz: Marsotto Edizioni und Kai Hsuan Liu halten hier den Schnee vom vergangenen Jahr fest, nach dessen Verbleib der französische Dichter François Villon in seinem schwermütigen Gedicht „Ballade des dames du temps jadis“ (Ballade der Frauen von einst) gefragt hatte.
Fotos: Kai Hsuan Liu für Marsotto LAB
Autor: Peter Becker
(07.12.2018)