Aus Anlass der Abkühlung der Weltwirtschaft, vor der Experten warnen, schaut Stone-Ideas.com einmal zurückauf die letzten 10 Jahre
Experten schreiben, dass die Weltwirtschaft sich in einer Phase der Abkühlung befinde. Anlass für die pessimistischen Erwartungen sind im Wesentlichen die Folgen der Politik von Donald Trump und die Mutmaßung, dass nach rund 10 Jahren Boom seit dem Ende der Finanzkrise wieder ein Negativzyklus bevorsteht.
Nutzen wir die Gelegenheit, einmal zurück auf die Steinbranche im vergangenen Jahrzehnt zu schauen.
Dabei zeigt sich ein überraschend positives Bild.
1) Das Thema Design ist neuerdings in aller Munde
Im Jahr 2007, als die Marmomac (damals noch Marmomacc) das Thema unter dem Motto „Marmomacc Meets Design“ groß herausbrachte, wurde es eher als künstlerische Spielerei belächelt. Inzwischen wird überall in der Branche nach neuen Verwendungen, sprich: neuen Produkten, gesucht. Als besonders viel versprechend zeigt sich dabei der Möbelbau, wo Elemente aus Marmor, Granit & Co als Akzente fungieren.
Dass es diesen Aufbruch zu neuen Ufern erst seit 10 Jahren gibt, hängt damit zusammen, dass die dafür notwendigen neuen Technologien wie Wasserstrahl oder CNC erst seit kurzen eine entsprechend weite Verbreitung haben.
2) Kommunikation als Antwort auf neue Konkurrenz
Auch hat die Branche eine Antwort gefunden auf neue Konkurrenten im Preissegment des Natursteins, nämlich Kunststein (Engineered Stone, Quarzkomposit) und Großkeramik: sie stellt die Besonderheiten ihres eigenen Materials heraus und betreibt dafür eine kluge Kommunikation. Anzumerken ist hier: die Steinbranche ist keine Industrie und besteht aus kleinen und mittelständischen Unternehmen, kann also keine großen Medienkampagnen machen. Statt dessen nutzt sie das Internet auf vielfältige und kluge Art und Weise:
* herausragend ist hier die Aktion „Use Natural Stone“ des US-amerikanischen Natural Stone Instituts (NSI, im Januar 2018 als Zusammenschluss von Marble Institute und Building Stone Institute offiziell gestartet). Auf diese Aktion werden wir weiter unten noch einmal zurückkommen.
* ebenso wie das NSI nutzt die Stone Federation Great Britain die Social Media sehr erfolgreich.
* in Frankreich hat maßgeblich die Zeitschrift Pierre Actual die Seite „Envie de Pierre“ ins Netz gestellt, die, wie der Name sagt, Lust auf Naturstein machen will.
* als Beispiele für Promotions-Videos jüngeren Datums wollen wir nur die des brasilianischen Verbands Abirochas und der italienischen Confindustria Marmomacchine erwähnen.
Weitere Beispiele, ebenso wie andere Ideen zum Marketing für Naturstein, haben wir in unserer Rubrik „Märkte: Naturstein verkaufen“ zusammengestellt.
3) Ansätze für eine internationale Kooperation
* an erster Stelle ist hier die Aktion „Use Natural Stone“ des US-Verbands zu erwähnen. Deren Texte und Bilder stehen auch Nicht-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung.
* bemerkenswert an dieser Stelle war auch die Studie des Deutschen Naturwerkstein Verbands (DNV) zur Ökobilanz: der Verband, mit rund 150 Mitgliedern nicht mit Geldmitteln gesegnet, ließ die Studie eigene Kosten ins Englische übersetzen und stellte sie der Branche kostenlos zur Verfügung.
* in China kämpft der Verband zurzeit gegen falsche Anschuldigungen, in denen dem Marmor eine Freisetzung von Radon-Gas und Radioaktivität angedichtet wird (wie es vor rund 10 Jahren in den USA mit Granit geschehen war). Auf der Messe in Xiamen gab es eine Pressekonferenz zu dem Thema, zu der der US-Verband NSI und der Weltverband Wonasa Vertreter schickten, die mit ihrem Auftreten die Argumente der chinesischen Experten untermauerten.
Also: nach Analyse der letzten 10 Jahre loben wir die neue Produktsuche, die neue Kommunikation und die neue Kooperation unter Konkurrenten, die die Steinbranche begonnen hat.
Jedoch: es gibt noch einige Baustellen, an denen vorrangig zu arbeiten ist.
4) Unwissen über die Stärken des eigenen Materials
Es fällt auf, immer wieder gefordert wird, die oben genannten Kunststeine von den Steinmessen zu verbannen. Die französische Rocalia hat das sogar zu einem Markenzeichen ihrer kommenden 2. Aufgabe im Dezember 2019 gemacht.
Da müssen wir fragen: wie eigentlich soll Marketing besser gelingen, wenn nicht in der Gegenüberstellung mit der Konkurrenz, wo man im direkten Vergleich den Kunden mit den eignen Argumenten überzeugen kann? Naturstein hat die dafür notwendigen Verkaufsargumente: es sind zum einen die Emotionen, die mit ihm verbunden sind, zum anderen die Stärken in Sachen Umwelt. Und nicht zuletzt die Schönheit des Materials.
Aus der Tatsache jedoch, dass die Steinleute mit diesen Argumenten sich nicht in den unmittelbaren Vergleich mit der Konkurrenz trauen, können wir nur schließen, dass ihnen die Argumente nicht so ohne Weiteres geläufig sind. Auch hier verweisen wir auf unsere Rubrik „Märkte: Naturstein verkaufen“.
5) Unwissen über angebliche Schwächen des eignen Materials
Erstmals gab es in diesem Jahr eine Untersuchung zu den Faktoren, die Architekten von der Verwendung von Naturstein abhalten. In Auftrag gegeben hatte sie der deutsche Verband. Interessant die Ergebnisse: genannt als Problemfelder wurden vor allem Reinigung und Pflege.
Hier ist wieder Kommunikation gefragt.
6) Die Branche braucht Zahlen
Ausführlich sind die Informationen, die Dr. Carlo Montani dankenswerterweise jährlich auf der Marmomac über den weltweiten Handel mit Naturstein vorstellt. Daraus ergeben sich wertvolle Hinweis auf die großen Verbraucherländer und zum Beispiel über Veränderungen auf der Seite der Produzenten.
Auf der nationalen Ebene jedoch ist das Zahlennetz nur noch grob gestrickt: Gibt es ein Land, wo der Verband Auskunft darüber geben kann, wie viel Stein in Arbeitsplatten für Küche und Bad, in Fensterbänke oder in die Gartengestaltung geht?
Wichtig wären solche Zahlen etwa, um zu erkennen, wo die neuen Konkurrenten Boden gutmachen.
Wir behaupten nämlich: nirgendwo haben Engineered Stone, Quarzkomposit und Großkeramik der Steinbranche Marktanteile abgejagt. Was sie vielmehr erschlossen haben, ist eine andere Kundschaft, die nie einen Zugang zu Stein gefunden hat – jene Endverbraucher zum Beispiel, für die Fragen der Reinigung (sprich: Bequemlichkeit) entscheidend sind.
Dieses Marktsegment hat die Steinbranche in den letzten 10 Jahren sträflich den Konkurrenten überlassen.
(15.09.2019)