Experten der Firma Levantina und Laser-Wissenschaftler aus Spanien verringern mit Hilfe der Lasertechnologie das Anhaften von Schmutz und verbessern die Rutschfestigkeit
Vermutlich weil die Konkurrenz vonseiten der Kunststeine und Keramiken immer stärker wird, hört man seit einigen Jahren in der Natursteinbranche immer öfter Stimmen, die den Einsatz von Wissenschaft und Forschung fordern, um Marmor, Granit & Co verbesserte Eigenschaften zu geben. Aus Spanien kommt nun ein Projekt dazu, das schon weit fortgeschritten ist: BioProMarL ist sein Titel, gefördert wird es von der Europäischen Kommission (Programm „Horizon 2020“) und beteiligt sind daran die Firma Levantina und Laser-Wissenschaftler aus Spanien.
Ausgeschrieben heißt BioProMarL „Bio-inspired Protection of Marble with Lasers“ (Schutz von Marmor mit Hilfe des Lasers nach Methoden der Natur). Konkret ist damit gemeint, dass man nach Vorbildern aus der Pflanzenwelt die Oberfläche des Steins so manipulieren will, dass sich kein Schmutz festsetzen kann beziehungsweise die Rutschfestigkeit verbessert wird. Auch um Schutz vor Flecken geht es.
Der an Wissenschaft interessierte Leser wird das Konzept kennen: es stammt aus der Bionik, die schon Leonardo da Vinci anwandte und die in den 1960ern als neuer Weg der Technikentwicklung populär wurde. Die bekanntesten Beispiele sind der Klammer-Effekt von Pflanzensamen, der heute für Klettverschlüsse verwendet wird, oder der Lotuseffekt auf den Blättern mancher Pflanzen.
In allen Details verstanden ist inzwischen, wie zum Beispiel diese Lotus-Selbstreinigung zustande kommt: ein Blatt mit dieser Eigenschaft hat auf der Mikroebene eine Oberfläche aus lauter winzigen Spitzen, so dass ein Wassertropfen praktisch nur an einem einzigen Punkt die Oberfläche berührt und er schon bei der geringsten Bewegung abperlt, etwa durch eine Kräuselung in der Luft oder im Wasser. Die Pflanze tut das, damit sie bei der Atmung nicht behindert wird.
Solche Effekte wollen Gloria Costas und Leo Tribaldo von Levantina auch der Oberfläche von Natursteinen geben. Sie kooperieren dafür mit der Laserarbeitsgruppe (LPG) des Optischen Instituts der CSIC. Mitglieder des CSIC-Teams (Consejo Superior de Investigaciones Científica) sind Jan Siegel, Javier Solis, Carlos Dorronsoro und Rocio Ariza.
Um nur 2 der Herausforderungen zu benennen:
* man muss die richtige Stärke für den Laser und den richtigen Puls für den Strahl finden, damit die gewünschte Struktur aus der Oberfläche herausgearbeitet wird;
* diese Struktur muss auch haltbar sein – das fällt der Natur zum Beispiel beim Lotuseffekt leicht, denn sie benutzt das flexible Grün der Pflanzen und dieses wird zudem regelmäßig erneuert.
Im Moment laufen Testreihen mit den am meisten versprechenden Steinsorten und den am besten geeigneten Lasern.
Das Projekt begann am 1. September 2019, war auf 18 Monate Dauer befristet und wird wegen der Corona-Krise vielleicht verlängert.
„Öko-aktive“ Keramiken
Schauen wir zum Schlus schnell noch über die Grenzen der Steinbranche hinaus: die Keramikindustrie bringt immer mehr Produkte auf den Markt, die als „öko-aktiv“ bezeichnet werden und nach Vorbildern aus der Natur bestimmte Funktionen haben. Ein Beispiel sind die Fliesen der Kollektion „Core Shade“ der italienischen Firma Fiandre: „Es sind selbstreinigende, geruchs- und schmutzabweisende sowie antibakterielle Oberflächen, die selbst im Dunkeln einen 24-stündigen antibakteriellen Schutz bieten“, heißt es in einer Pressemitteilung dazu. Beim neuen De Castillia 23-Gebäude in Mailand (siehe Fotos unten) kamen die Fliesen zum Einsatz.
(14.05.2020)