Bei der Nachwuchsgewinnung per Internet ist das Handwerk ganz vorne mit dabei

Die jungen Leute von heute hängen buchstäblich am Smartphone und am Internet. Foto: Rawpixel.com / <a href="https://commons.wikimedia.org/"target="_blank">Wikimedia Commons</a>

Die Ideen reichen von Blogs, wie dem mit den Steinmetz-Azubis Sarah und Benno, über Videopräsentationen bis hin zu Job-Orientierung per WhatsApp oder Berufe-Checker

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Nicht nur Corona hat gezeigt, dass die Nachwuchsgewinnung per Internet eine zentrale Rolle auch für das Handwerk spielen muss. Schließlich ist die Generation Z permanent online unterwegs und benutzt das Smartphone, wie es manchmal heißt, als dritte Hand. Gemeint sind mit dieser Bezeichnung die zwischen 1995 und 2010 Geborenen.

Wir haben herumgeschaut, was es für Möglichkeiten gibt – gemeint ist unsere Aufzählung nicht als vollständiger Überblick sondern vielmehr als Anregung. Natürlich ist die Webpage des Bundesverbands Deutscher Steinmetze hier an 1. Stelle zu nennen, dort speziell die Rubrik „Beruf & Karriere“ https://cms.bivsteinmetz.de/.

Als erstes eine ganz ungewöhnliche Idee: bei der Firma Barghorn Stahlbau in Brake können Jugendliche ein Praktikum online buchen. „Keine Bewerbung, kein Vorstellungsgespräch, kein Schnickschnack“, heißt es auf der entsprechenden Seite. Die Firma wurde 2019 mit dem Ausbildungspreis der Nordwest-Zeitung ausgezeichnet, die dazu schrieb: „Der Mittelständler kehrt damit die Bewerbungsrichtung quasi um.“

Tatsächlich sind die Materialien, die der Interessent sich herunterladen kann, einer Bewerbung nachempfunden: „Anschreiben, Bewerbungsfoto (Gebäude und Belegschaft), Lebenslauf (des Unternehmens) bis hin zu Zeugnissen und Zertifikaten“, wie die Zeitung schreibt.

Man merkt: der Tonfall seitens des Unternehmens ist betont locker und selbstironisch. Natürlich ist die Ansprache per Du.

* Barghorn https://www.barghorn.de/praktikum-buchen/
* Nordwest-Zeitung https://www.nwzonline.de/wirtschaft/brake-pia-bewerbung-braker-unternehmen-dreht-den-spiess-um-bei-barghorn-bewirbt-sich-die-firma-um-azubis_a_50,5,4038235587.html

Einen lockeren Tonfall empfehlen Personalberater und ergänzen, dass für die jungen Leute von heute nicht allein das Azubi-Gehalt die Entscheidung bestimmt, sondern auch das Klima in einem Betrieb. Das meint nicht, dass der Chef quasi einen Kniefall vor seinen Azubis zu machen hat. Jedoch erwarten die jungen Leute Kommunikation – Probleme sollen besprochen und nicht per Ukas vom Tisch gewischt werden.

Entscheidend dabei ist auch, wie das Unternehmen über sich informiert. Trendforscher Prof. Peter Wippermann sagt, dass Personen und gute Stories im Vordergrund stehen sollen: „Man muss erzählen, was man macht, wie man es macht und wer man ist.“ Und weiter: „Das macht man heute vor allem über Social Media.“

Viele Firmen lassen deshalb ihre Azubis selber über ihren Alltag in der Ausbildung berichten. Bei Barghorn können die Lehrlinge als „Handy-Scouts“ das Portal Instagram bespielen.

Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Blog von Sarah und Benno, mit dem die bayerische Steinmetzinnung die Ausbildung von 2 Azubis begleitet hat. Sogar ein Film wurde darüber produziert.
* https://www.facebook.com/steinmetzbayern/posts/833805310097422/
* https://www.youtube.com/watch?v=JkWtum76avA&feature=youtu.be&fbclid=IwAR2zYweAKTkRGwbBTmCIkGFfv_2eoz-cMH_2NKc9lM4fyR2FUD6KvzywYuM

Ähnlich der Blog von Jessica Jörges, Tochter aus einem Malerbetrieb und Abiturientin, die es sichtlich genoss, sich als Berichterstatterin in eigner Sache inszenieren zu lassen. Sie war zuletzt Teilnehmerin bei den Weltmeisterschaften der Berufe im russischen Kazan 2019.
Bunte Zukunft https://www.buntezukunft.de/

Leider werden nicht alle Blogs so bekannt wie die der beiden Steinmetze und der Malerin, teils weil die Azubis die Lust verlieren, teils weil den Initiatoren die Luft ausgeht. Was nicht gesagt wird in den Präsentationen, ist, wie viel Mühe einzelne Mentoren für die Betreuung ihrer Azubis-Stars aufgewendet haben.

Denn, und das gilt besonders für Kurzfilme zu Berufen: sie müssen professionell gemacht sein. Die Handwerksverbände haben hier inzwischen viel Geld investiert.

Einblicke in ihre Berufswelt geben die Steinmetze
* https://www.youtube.com/watch?v=elufBmPtvtc&feature=youtu.be
* https://meisterdersteine.de/
* https://www.zukunft-stein-fuer-stein.de/
* oder auf Facebook https://www.facebook.com/steinmetz.berufsbildung/
* und Instagram https://www.instagram.com/bivsteinmetz/?hl=de.

Ein kurzer Blick in andere Berufe:
Die e-Handwerker, also die verschiedenen Elektronik-Fachrichtungen, haben sich den schönen Titel „e-Zubis“ gegeben und benutzen das Wortspiel auf vielerlei Art und Weise.
https://www.e-zubis.de/startseite/
https://www.youtube.com/user/ezubis

Das KFZ-Gewerbe hat den Hashtag #wasmitautos
* https://www.wasmitautos.com/
* https://www.youtube.com/user/AutoBerufe/playlists

Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker
https://www.youtube.com/watch?v=8TDW70FzjS4
https://www.youtube.com/watch?v=nJwnpiDMUe4

Die Initiative „Dein Erster Tag“ bietet die Möglichkeit, die Welt eines Berufes in 3D zu erleben: dafür können Schulen VR-Brillen mit Ausbildungsvideos ausleihen.
https://www.deinerstertag.de/

Für den Dialog bei der Berufsorientierung gibt es den „Berufe-Checker“ des Zentralverbands des Handwerks, wo junge Leute per Smartphone von einem Programm eine Basisorientierung bekommen können: „Der Chatbot stellt dir 5 Fragen und du antwortest mit einer passenden Ziffer. Am Ende bekommst du Vorschläge, welche Berufe zu dir passen. Oder du scrollst dich direkt durch unsere Berufsprofile“, heißt es auf der Seite. Anderswo läuft derselbe Service als „WhatsApp-Sprechstunde“.

Ziel ist dabei nicht, die interessierten Jugendlichen an die Maschine los zu werden, sondern ihnen eine Anlaufstelle rund um die Uhr zu geben. Das Versprechen heißt, dass nach spätestens 24 Stunden eine Antwort kommt.
https://handwerk.de/whatsapp

Digital Recruting (Fackräftegewinnung auf digitalem Weg), so der Fachbegriff, ist inzwischen ein Standard in der Welt der Karrierewege, auch im Handwerk. Den besten Überblick über alle Aspekte des Thema mit wertvollen Links bietet eine Seite der Autoberufe.
https://www.autoberufe.de/fuer-ausbilder-betriebe/vor-der-ausbildung/digitales-recruiting/

(22.06.2020)