Forschungen zeigen, dass das Verfahren nur einen kleinen Beitrag leisten könnte und dass es dafür eine starke Bepreisung der Emission des Treibhausgases bräuchte
Die Verwitterung großer Mengen kleiner Steine könnte helfen, Treibhausgase in der Atmosphäre zu reduzieren. Für gewöhnlich ist Verwitterung ein langsamer natürlicher Prozess, bei dem Mineralien CO2 chemisch binden. Als hochskalierte Technologie könnte sie allerdings auch für sogenannte negative Emissionen nutzbar werden, um so Klimarisiken zu begrenzen. Doch das Potenzial zur Reduktion von Treibhausgasen ist begrenzt und würde, um wirtschaftlich machbar zu sein, zusätzlich eine starke CO2-Bepreisung erfordern. Das zeigt eine erste umfassende Analyse der Kosten und Potenziale, die jetzt in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters veröffentlicht wurde.
Fazit der Studie: eine beschleunigte Verwitterung insbesondere von Basaltgestein könnte eine attraktive Option zur Förderung des Klimaschutzes sein, insbesondere für tropische und subtropische Regionen, in denen das CO2-Aufnahmepotenzial am höchsten ist. Aber in Anbetracht der Kosten und der Masse an Gestein, die bewegt werden müssten, wird es wohl nur einen überschaubaren zusätzlichen Beitrag leisten können.
Ziel war, die Wirtschaftlichkeit beschleunigter Verwitterung für den Klimaschutz abzuschätzen. Berücksichtigt wurden dabei der Abbau und das Zermahlen sowie der Transport und das Ausbringen auf Land. „Unsere Berechnungen zeigen, dass beschleunigte Verwitterung beim Dunit (ein Mineral aus der Klasse der Silikate) bereits bei 60 US-Dollar pro Tonne CO2 wettbewerbsfähig sein könnte, und bei Basalt bei 200 US-Dollar pro Tonne CO2″, sagt Strefler. „Das ist etwa das Doppelte des CO2-Preises, der in aktuellen politischen Debatten diskutiert wird, und auch deutlich mehr als die Kostenabschätzungen etwa zur Aufforstung, die bei 24 Euro pro Tonne eingefangenem CO2 liegen. Das ist natürlich ein wesentliches Hemmnis für eine mögliche künftige Anwendung beschleunigter Verwitterung.”
Strategien zum Entfernen von Kohlendioxid gehen mit Zielkonflikten einher. Das Anpflanzen einer Vielzahl von Bäumen etwa, um CO2 aus der Luft zu ziehen und in ihren Stämmen und Ästen einzulagern, kann zulasten von Flächen gehen, die für die Nahrungsmittelproduktion benötigt werden. Zudem wird die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS) im industriellen Maßstab von weiten Teilen der Bevölkerung nicht als sicher akzeptiert. Eine beschleunigte Verwitterung, also das Ausbringen von zerkleinertem Gestein auf Agrarflächen, könnte dagegen leichter zu realisieren sein. Allerdings enthält Dunit – die in Fachkreisen am häufigsten diskutierte Gesteinsart – Schadstoffe wie Chrom oder Nickel, die während des Verwitterungsprozesses freigesetzt werden könnten.
Deshalb ist Dunit für die vorliegende Studie zwar ein wichtiger Vergleichspunkt, jedoch konzentrieren sich die Wissenschaftler in ihrer Forschung auf Basalt als nachhaltigere Option.
Der aktuelle CO2-Ausstoß liegt bei rund 40 Milliarden Tonnen pro Jahr; natürliche Verwitterung absorbiert rund 1,1 Milliarden Tonnen. Beschleunigte Verwitterung könnte bei der Verwendung von Basalt bis zu 4,9 Milliarden Tonnen pro Jahr und bei Dunit sogar bis zu 95 Milliarden Tonnen pro Jahr einlagern, so die Berechnungen der Wissenschaftler.
In der Praxis und unter Berücksichtigung der Zielkonflikte könnte jedoch wohl nur ein Bruchteil dieses Potenzials tatsächlich umgesetzt werden. Am besten geeignet dafür wären warme und feuchte Regionen, insbesondere in Indien, Brasilien, Südostasien und China, wo fast drei Viertel des globalen Potenzials realisiert werden könnten. Das ist beachtlich, aber beachtlich sind auch die damit verbundenen Unsicherheiten, betonen die Wissenschaftler.
„Das jährliche Potenzial zur CO2-Aufnahme wird durch die Feinkörnigkeit und die Verwitterungsrate des eingesetzten Gesteins definiert”, so Thorben Amann vom Institut für Geologie, Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg, ebenfalls Leitautor der Studie. Um eine Milliarde Tonnen CO2 zu binden, müssten mehr als 3 Milliarden Tonnen Basalt ausgebracht werden – eine ungeheure Menge, die fast der Hälfte der derzeitigen weltweiten Kohleförderung entspricht. Es wäre notwendig, das Gestein zu zermahlen und das Pulver auf etwa einem Fünftel der weltweiten Anbaufläche zu verteilen; was zwar machbar wäre, allerdings summieren sich die Kosten aufgrund der gigantischen Gesteinsmenge.
„Wir können sagen, dass beschleunigte Verwitterung nicht nur eine verrückte Idee ist, sondern tatsächlich Klimapolitik unterstützen könnte. Gleichzeitig bleibt es aber eine Herausforderung, die dabei beteiligten Prozesse genau zu verstehen”, sagt Amann. „Schließlich würde sich das Ausbringen des Gesteins auf die landwirtschaftlichen Böden auswirken, ihre Eigenschaften würden sich verändern, was aber auch vorteilhaft sein könnte. Basalt zum Beispiel kann dem Boden bestimmte Nährstoffe zuführen und so als natürlicher Dünger dienen.”
Jessica Strefler, Thorben Amann, Nicolas Bauer, Elmar Kriegler, Jens Hartmann (2018): Potential and costs of carbon dioxide removal by enhanced weathering of rocks. Environmental Research Letters [doi:10.1088/1748-9326/aaa9c4] (open access)
Weblink zum Artikel: http://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/aaa9c4
Quelle: Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK)