Auch der Zwinger in Dresden hat (seit 1991 wieder) eine Bauhütte

Aufsetzen von Attikafiguren im Dresdner Zwinger. Fotos: SIB

Wie alle diese Einrichtungen ist auch sie der Pflege des Handwerks und seiner Bräuche sowie der Zusammenarbeit verschiedener Gewerke verpflichtet

Update: An den Jugendbauhütten der Deutschen Stiftung Denkmalschutz können junge Leute von 16 bis 26 Jahren ein Jahr lang traditionelle Handwerkstechniken lernen. 16 solche Einsatzstellen gibt es in Deutschland.

Die Unesco hat das System der Bauhütten in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Das Bauhüttenwesen entstand im Mittelalter in Europa an den Baustellen der Großkirchen. Charakteristisch ist eine multidisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Gewerke im Rahmen eines großen Bauvorhabens über längere Zeiträume. Es gibt sie nicht nur für Dome oder Münster. Auch für den aktuellen Neubau des Berliner Schlosses war eine Bauhütte ins Leben gerufen worden, und ebenso hat der Zwinger in Dresden seine Bauhütte. Das zuständige Sächsische Finanzministerium hat sie vorgestellt:

Mit ihren Arbeitsverfahren und der Ausbildungsorientierung würdigt und unterstützt die Bauhütte das sächsische Handwerk. Restauratoren, Bildhauer und Steinmetze arbeiten hier in einem auf das Bauwerk optimierten Arbeitsfeld zusammen; sie pflegen und bewahren Rituale.

Das Wissen wird dabei wissenschaftlich, technisch, technologisch und dokumentarisch gezielt und nachhaltig weitergegeben. Die Zwingerbauhütte ist außerdem einer der wenigen Lehrbetriebe in Sachsen, der in großem Maß Schwerpunkte im Wissen und Können des Handwerks setzt und historische Techniken praktiziert.

Zwingerbauhütte Werkstatt außen.

Die Zwingerbauhütte auf der Packhofstraße in Dresden ist eine Einrichtung des Freistaates Sachsen und gehört zum Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement. Sie wurde 1924 gegründet. Nach Vollendung des Wiederaufbaues des Zwingers 1968 wurde sie aufgelöst.

Im Juni 1991 aber erfolgte die Wiedereinrichtung als Teil der staatlichen sächsischen Hochbauverwaltung. In diesem Jahr feiert sie ihr 30-jähriges Jubiläum.

2002 bezog sie ihren Standort in Zwingernähe mit Restaurierungswerkstatt, Freiarbeitsplätzen, Magazinen, Büros und Sozialräumen.

Alle 11 Mitarbeiter sind Angestellte des Freistaates Sachsen. Seit 1998 wurden 24 Lehrlinge ausgebildet, in der Regel einer pro Jahr. Dabei werden traditionelle Handwerkstechniken vermittelt und zum Beispiel mit der Freisprechung der Lehrlinge auch traditionelle Handwerksbräuche gepflegt.

Zu den Aufgaben der Zwingerbauhütte gehört eine kontinuierliche Restaurierung des Zwingers. Dabei unterscheiden sich die Arbeitsweisen von heute kaum von denen des 18. Jahrhunderts.

Die meisten Tätigkeiten werden wie eh und je von Hand erledigt und auch die Werkzeuge sind fast ausschließlich von Hand gefertigt.

Zwingerbauhütte Werkstatt außen.

Zu den Aufgaben der Zwingerbauhütte zählt auch der Transfer von Fachwissen an Freiberufler, Fachfirmen, Denkmalschutzbehörden oder Gästeführer, und ebenso die Öffentlichkeitsarbeit durch Fachvorträge und -seminare, die Betreuung von Diplomarbeiten und Praktikanten sowie Führungen von Schulklassen und Fachgruppen.

Die Pflege von Datenbanken und die Dokumentation bilden wichtige Grundlagen für die Weitergabe des Wissens an kommende Generationen. Nicht zuletzt sind alle Aufgaben auch verbunden mit der Werbung für den ehrbaren Beruf als Steinmetz, Bildhauer oder Steinrestaurator.

Zurzeit arbeitet die Zwingerbauhütte an der Bogengalerie L und dem Französischen Pavillon. Hier sind sehr anspruchsvolle restauratorische Maßnahmen an den Fassaden notwendig. So befindet sich der skulpturale Schmuck gerade in den Werkstätten und wird dort entsalzt, repariert und lasiert.

Der Zwinger ist eines der bedeutendsten barocken Baudenkmäler Europas. Erbaut wurde er zwischen 1709 bis zirka 1728 unter Kurfürst Friedrich August I., bekannt als August der Starke, als steinernes Zeichen seines Macht- und Repräsentationswillens. In seiner langen Geschichte durchlief der Gebäudekomplex sechs Restaurierungsphasen. Der Name geht auf Festungswälle des Mittelalters zurück.

Zahlen zum Zwinger:
* 5.000 m² reich gestaltete Fassadenflächen,
* 1,2 km Balustraden,
* 16 Treppenanlagen,
* 698 Skulpturen,
* 17 Brunnen und Wasserspiele,
* 7 Brunnenanlagen,
* 3.727 m² Fläche Terrassen und Galerien
Mitarbeiter/innen der Zwingerbauhütte: 2 Steinbildhauer, 2 Steinmetzen, 2 Restauratoren, 2 Lehrlinge, 1 Hüttenmeister, 1 Bauingenieurin, 1 Zwingerbaumeister.

Im September 2020 ist im J.S.Klotz Verlag ein aktuelles Buch zum Thema erschienen: Sabine Bengel, Dombaumeister e.V. (Hrsg.): Europäische Bauhütten. Immaterielles Kulturerbe der Menschheit. 152 Seiten, ISBN: 978-3-948424-73-2.

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(05.01.2021)