Das Muster der Granitquader schafft optische Verwirbelungen und verhindert das Bild einer Passage zum Vorbeigehen
Einfach nur den Autoverkehr aus einer Straße herauszunehmen und zu hoffen, das automatisch eine Fußgängerzone entsteht, ist ein schöner Wunsch. Häufig aber kommt dabei nur eine Art von Fluchtweg heraus, wo fortan die Bürger statt der Fahrzeuge an den Geschäften vorbeihasten. Wie ein Pflaster helfen kann, die Durchgangszone zu einem Aufenthaltsort zu machen, haben Kristina Ehrstedt und Anna Söderkvist vom Architekturbüro Karavan Landskapsarkitekter am Beispiel der Straße Kungsängsgatan in der schwedischen Stadt Uppsala gezeigt: ein tumultartiges Muster auf dem Boden bricht den Strom und schafft gewissermaßen eine lange Linie von kleinen Verwirbelungen.
Der Trick dabei ist, das das Ganze wie zufällig aussieht, es aber nicht ist.
Die Kungsängsgatan ist das alte Herz in der viertgrößten Stadt des Landes. Sie war seit alters her DIE Einkaufszone dort und hatte zuletzt wie alle anderen Innenstädte mit der Konkurrenz der Shopping Center auf der grüßen Wiese zu kämpfen. Zuletzt gab es auch Probleme technischer Art: der Untergrund besteht aus Lehm, und so sackten Teile der Straße immer wieder ab.
Als eine Sanierung im südlichen Teil der Straße nicht mehr aufzuschieben war, nutzte die Stadtverwaltung die Gelegenheit und entschied sich für eine umfassende Lösung.
Dazu gehörte auch, die Einkaufszone optisch aufzuwerten: für das Pflaster wurde schwedischer Granit verwendet , um dem Gesamtbild einen Ausdruck von „Wert und Haltbarkeit“ zu geben, wie die Architekten betonen.
Das ist eine Voraussetzung, um hochwertige Geschäfte und konsumfreudige Kunden anzulocken.
Die deutliche Trennung der Verkehrsbereiche zwischen Fußgängern und Radfahrern gibt Orientierung und Sicherheit für die Passanten. Jedoch lädt die Gestaltung auch zum Überqueren der Straße ein – vermutlich wird auch das durch die Art der Pflasterung erreicht, die sich einheitlich über die ganze Fläche zieht.
Das Pflaster besteht aus Natursteinquadern in 4 unterschiedlichen Größen, die allesamt
einfache Rechteckform haben. Von den Farben her gibt es welche mit einem Rot-Ton, ansonsten ist es hell- beziehungsweise dunkelgrau. Es handelt sich um Bohus-Granit (Tossene Gråm und Bohus Nolby) mit geflammten beziehungsweise gestockten Oberflächen.
Die Steine sind 8 cm dick, damit sie auch schwere Lasten etwa beim Lieferverkehr oder bei Notfalleinsätzen aushalten.
Unmittelbar vor den Geschäften verläuft ein schmales Band an alten Pflastersteinen, die vom früheren Straßenbelag übrig geblieben sind.
Wie das Muster in der Pflasterung konzipiert ist, zeigt der folgende Plan. Er diente auch den Handwerkern dazu, die Steine zu verlegen.
Das Problem mit dem lehmigen Untergrund lösten die Architektinnen elegant: für den Aufbau wurde ein leichtes Füllmaterial verwendet, so dass nicht zusätzliche Lasten entstanden. Dort, wo es bereits seit ewigen Zeiten Höhenunterschiede in der Fahrbahn gab, wurden diese beibehalten und durch niedrige Stufen gefasst. So blieben die bisherigen Zugänge zu den Geschäften erhalten.
Gleichzeitig bot das Gelegenheit, die Stufen für Sitzbänke zu nutzen. Die wiederum sind mit Steckdosen zum Aufladen der Handys ausgestattet.
Neben den Bänken, mit skandinavischem Eichenholz als Sitzfläche, gibt es für die Kinder unregelmäßig verteilte Sitzkissen aus Beton. Sie wurden extra für die Kungsängsgatan entworfen.
Ziel der Umgestaltung war, jedermann Lust zum Besuch der Einkaufsstraße und zum Verweilen dort zu machen. Die Schlüsselbegriffe lauteten „zeitlos – kleinformatig – erlebnisreich“.
Damit nicht Masten die Straße verstellen, hängen die Lampen an Drähten von Haus zu Haus.
Neun Bäume wurden gepflanzt, damit sie die Jahreszeiten in die Geschäftszone holen. Für Blühpflanzen gibt es Kübel.
Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 30 Millionen SEK (knapp 2,9 Millionen US-$).
Das Projekt wurde mit dem Preis des schwedischen Natursteinverbands im Jahr 2022 ausgezeichnet.
Die Architekten von Karavan haben schon häufiger außergewöhnliche Pflasterungen entwickelt. Wir zeigen unten ein Foto aus der Straße Östra Drottninggatan in der Stadt Kumla.
Fotos: Jann Lipka / Karavan
(20.03.2023)