Wir haben schon häufiger über die Kreativität von Drogenbanden berichtet, die für ihre illegalen Transporte sich gerne originelle Verstecke zum Beispiel in von Naturstein-Rohblöcken einfallen ließen. Nun kommt ein Fall aus Brasilien mit internationalen Verknüpfungen, wo auch die Ermittler Kreativität und Witz an den Tag legten: „Operação Chapa Branca“, übersetzt etwa: „Operation Weiße Unmaßplatte“ hatte die Bundespolizei diese Aktion genannt, mit der ihnen ein schwerer Schlag gegen den Drogenring des international aktiven „Escobar brasileiro” (Escobar von Brasilien) gelang.
Festgenommen wurden zahlreiche Verdächtige aus den Bundesstaaten Espírito Santo, Santa Catarina, Paraná, São Paulo und Pernambuco sowie eine Person in Ungarn. Escobar Brasileiro selbst, der als aktuell einer der mächtigsten Drogenhändler der Welt gilt, war 2022 von den Ermittlern in Ungarn festgenommen worden. Vor seiner Zeit als Gangster war er hochrangiges Mitglied der brasilianischen Bundespolizei.
Begonnen hatten die Ermittlungen im Oktober 2021, als die Zivilpolizei des Bundesstaates Espírito Santo 350 kg Kokain beschlagnahmen konnte, als diese gerade von einem Lastwagen abgeladen wurden. Sie sollten in einer Ladung Granitplatten versteckt nach Europa exportiert werden.
Die Herkunft des Stoffs war Bolivien, Zielort Le Havre in Frankreich, von wo aus er in Europa verteilt werden sollte.
Als Ausgangspunkt für Stoff aus Peru, Bolivien oder Kolumbien mit Europa als Ziel werden gerne brasilianische Häfen genutzt, wie die Ermittler bei einer Pressekonferenz mitteilten. Santos (Bundesstaat São Paulo) und Paranaguá (Bundesstaat Paraná) spielen traditionell wichtige Rollen dabei. Offenbar wollten die Gangster nun den Weg über den Hafen von Vitória in Espírito Santo ausprobieren.
Wie aus einem Fernsehbericht hervorgeht, erfolgte das Umladen der Drogen in der Stadt Cachoeiro de Itapemirim. Sie ist ein Zentrum der Steinbranche in Espírito Santo. Von dort ist es nicht mehr weit bis zum internationalen Hafen von Vitória.
Keine näheren Angaben machten die Behörden, wie die Rauschmittel zwischen den großen Platten versteckt werden sollten.
Im März 2023 teilte die Drogenbehörde der Vereinten Nationen (UNODC) mit, dass die Nordseehäfen in Europa zu den wichtigsten Umschlagplätzen für Kokain geworden seien.
Spektakulär war ein Fall aus dem Jahr 2020, bei dem 732 kg Methamphetamin aus Mexiko in Marmorblöcken versteckt in Spanien entdeckt wurden: die Gangster hatten Zylinder aus dem Stein herausgebohrt und diese mit Harz, dem Steinstopfen und Spezialbeton wieder verschlossen. Aufgefallen war die Sachen wegen Auffälligkeiten im Beton.
Eine nähere Überprüfung ergab dann, dass der Adressat der Ladung aus Mexiko nicht wirklich im Natursteingeschäft aktiv war, und die Ermittler legten sich auf die Lauer.
Es folgten weitere imprägnierte Blöcken und zur Täuschung auch solche ohne besonderen Inhalt.
Ebenfalls in Spanien hatte im April 2022 das Gerichtsverfahren um einen Drogentransport aus dem Jahr 2019 für Aufregung in der Steinbranche gesorgt. Damals war es um rund 500 kg Crystal Meth gegangen, die in Marmorblöcken versteckt im Hafen von Valencia angekommen und zu verschiedenen Ort in der Provinz Alicante transportiert worden waren. Es war das umfangreichste Drogenversteck dieser Art, das je aufgeflogen war, und die 4 Angeklagten hatten zusammen 44 Jahre Gefängnis und 28,4 Millionen Euro Geldstrafe bekommen.
Sie hatten in der Stadt Novelda eine Marmorfirma betrieben, die ihr Geld in Wirklichkeit anders als mit Marmor verdiente, was aber niemand aufgefallen war.
Die Medien hatten sich süffisant des Falls angenommen, so dass der Verband Mármol de Alicante sich zu einer öffentlichen Klarstellung veranlasst sah, wonach die Branche nichts mit dem falschen Natursteinunternehmen zu tun habe.
Unser Foto stammt aus einem Falls aus Karachi, Pakistan aus dem Jahr 2016: damals hatte der Zoll dort 4,6 kg Heroin und 8,9 kg Crystal Meth entdeckt, die nach Saudi Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate gehen sollten, wie auf einer Webpage der UN-Drogenbehörde mitgeteilt wird. „Die beschlagnahmten Drogen waren geschickt in handgefertigten Souvenirstücken aus Marmor versteckt,“ heißt es mit Bewunderung. Anhand eines Fotos kann man vermuten, dass die beschlagnahmten Beutelchen im Inneren von Marmorkugeln verborgen waren. Diese trugen goldene Blätter und standen auf einem Ring; sie sollten wohl als edle Äpfel zur Dekoration dienen.
Operação chapa Branca (portugiesisch)
Mármol de Alicante (spanisch)
(26.04.2023)