Marketing für Naturstein (3): die Branche läuft wieder einmal Gefahr, den Anschluss an die als modern geltenden Materialien zu verlieren

In Einzelfällen wurden schon vor mehr als 10 Jahren Bauprojekte wegen ihres Materialrecyclings ausgezeichnet: einer der Tucker Awards des Jahres 2012 ging an ein neues <a href="https://www.stone-ideas.com/20741/architektur-wetter-und-zeit-durfen-die-fassade-mitgestalten/"target="_blank">Gebäude des Bennington College in Vermont</a>, für dessen Fassadenverkleidung die Architekten Tod Williams und Billie Tsien alten Marmor aus verlassenen Steinbrüchen, Materiallagern oder Produktionsabfall verwendet hatten.

Wenn in der Öffentlichkeit die Rede auf zeitgemäße Baustoffe kommt, kommen niemand automatisch die Steine in den Sinn

Im Rahmen der Xiamen Stone Fair 2023 hielt Peter Becker von Stone-Ideas.com einen Vortrag über aktuelles Marketing für Naturstein. In mehreren Beiträgen veröffentlichen wir Auszüge.
 

Claude Gargi, Chefredakteur der französischen Naturstein-Fachzeitschrift Pierre Actual, hatte als erster auf das Problem hingewiesen: In seinem Leitartikel in der Ausgabe April 2023 beklagte er, dass niemand sofort Naturstein in den Sinn kommt, wenn es um nachhaltige Baustoffe geht.

Überall auf der Welt ist es dasselbe: Naturstein, ein Material mit einem unübertroffen geringen CO2-Fußabdruck, ist schon wieder dabei, den Anschluss an die als zeitgemäß geltenden Materialien zu verlieren.

Die Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg könnten sich wiederholen.

So war es auch auf dem UIA World Congress of Architects Anfang Juni 2023 in Kopenhagen [en: in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen]: die zentrale Frage auf dem internationalen Treffen der Planer war, wie Architektur zum Erreichen der UN-Klimaziele (Sustainable Development Goals, SDG) beitragen kann. In der Stadt wurden in verschiedenen Pavillons Ideen dazu gezeigt und in Vorträgen wurden Möglichkeiten diskutiert – Naturstein tauchte nirgendwo auf, zumindest nicht im offiziellen Programm.

Kommunikation tut also not, und für die Branche gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um nicht gänzlich ins Hintertreffen zu geraten: einerseits geht es darum, Stein generell als modernes Baumaterial zu propagieren, und andererseits darum, seine Stärken in Sachen Nachhaltigkeit immer wieder unter Beweis zu stellen.

Apropos modernes Baumaterial: in keinem der Natursteinpreise weltweit gibt es eine Kategorie oder wenigstens einen Sonderpreis für innovative Projekte, in denen das Material über seine üblichen Grenzen hinausgeführt wird. Nicht dass es solche Projekte nicht gäbe – ihre Zahl ist sogar groß, aber sie verschwinden unter der Vielfalt an Einreichungen, bei denen es allein um die Schönheit des Steins oder um Tonnenideologie geht.

Gerade die Holzbranche aber bearbeitet das Feld der Innovationen mit großem Engagement. Aktuell sind Hochhäuser mit solchen Konstruktionen das große Thema.

Apropos Nachhaltigkeit: auch die Steinmessen stehen nicht gut da, wenn es um die ökologische Stärke ihres Materials geht. Die folgenden Foto zeigen, wie die große Keramikmesse Cersaie schon 2021 das Thema behandelte: auf Postern in den Messehallen wurden Zahlen geliefert, wie weit die Branche nach eigener Darstellung beim Energie- und Ressourcensparen ist.

Cersaie 2021.Cersaie 2021.

Wir hatten in unserem Bericht damals vermerkt, dass wir angesichts des allgegenwärtigen Greenwashings auch durch die Aussteller am Ende unseres Besuchs glauben wollten, dass es tatsächlich nichts Nachhaltigeres als Keramik oder Kunststein gäbe.

Viele Firmen der Steinbranche hingegen üben sich hier in vornehmer Zurückhaltung. Schließlich haben sie die Reichen und Wohlhabenden als Zielgruppe.

Aber gerade diese Käuferschicht sucht nach Materialien, mit denen sich Luxus und Konsum mit Umwelt- und Klimabewusstsein kombinieren lassen.

Apropos Fakten zum CO2-Fußabdruck: hier hat die Branche mit ihren Ökobilanzen und Vergleichen mit anderen Baustoffen schon gute Arbeiten vorgelegt.

Allerdings: wir verweisen darauf, dass zum Beispiel Firmen der Stahlbranche nicht nur zu Produktgruppen eine EPD (Umweltdeklaration [Environmental Product Declaration]) vorgelegt haben, sondern zu jedem einzelnen ihrer Produkte.

Dabei ist eins zu bedenken: Recycling muss ein zentrales Thema der Nachhaltigkeits-kommunikation sein. Es ist für den Verbraucher am leichtesten zu verstehen, denn er kann sich, etwa bei der täglichen Trennung des Hausmülls, jederzeit daran beteiligen.

Die zentrale Frage muss hier sein: was kann man mit einem Natursteinprodukt machen, nachdem sein erstes Leben abgelaufen ist? Es geht um Beispiele des Upcyclings, also darum, neue Verwertungen dieses hochwertigen Materials zu finden. Schotter als Downcycling ist zu wenig.

Beispiele Upcycling oder Recycling von Naturstein findet man über die Suchfunktion auf unserer Webpage.

Pierre Actual April 2023 (französisch)

World Congress of Architects

See also:

(14.08.2023)