Kalkstein prägt die Bauwerke auf der Insel im Mittelmeer, Backstein die in der Stadt in Friesland
Die beiden europäischen Kulturhauptstädte sind beide nah am Wasser gebaut, liegen jedoch in Sachen Naturstein weit auseinander: La Valletta auf Malta im Mittelmeer hat Kalkstein als prägendes Material; Leeuwarden unweit der Nordseeküste in den Niederlanden hat, weil es dort keine Steinbrüche gibt, historische Gebäude vor allem aus Backstein. Den konnte man in Friesland relativ leicht herstellen, denn es gab Vorkommen an Ton und dazu Torf fürs Brennen.
Die Insel Malta ist die Spitze eines ehemaligen Berges, der vor Urzeiten aus dem Kalksteinplateau zwischen Europa und Afrika herausragte. Als Folge von Bewegungen der Kontinentalplatten öffnete sich irgendwann die Straße von Gibraltar und das heutige Mittelmeer lief voll.
In allen Ortschaften auf Malta ist der gelb-graue Globigerina-Kalkstein der bestimmende Baustoff. Ebenso findet man ihn in den mächtigen Befestigungsanlagen der Hauptstadt.
Die wurden errichtet, um den türkischen Sultan vom westlichen Mittelmeer fernzuhalten. Denn die Insel liegt an strategischer Stelle: nur 80 km entfernt von Italien und knapp 300 km von Tunesien beziehungsweise gut 300 km von Libyen.
Teil der mächtigen Mauern war der Zugang (City Gate) zum historischen Zentrum von La Valletta, der im Laufe der Jahrhunderte durch Umbauten wenig malerisch geworden war. Von 2009 bis 2015 gab es deshalb ein umfangreiches Projekt, bei dem das italienische Architekturbüro Renzo Piano Building Workshop diesen Zugang wieder an das Vorbild von 1633 anpasste.
Neu gestaltet wurde ebenfalls der Graben vor den Festungsmauern. Außerdem: aus den Ruinen eines Opernhauses hinter den Mauern machten die Architekten ein Freilicht-Theater, und nebenan wurden zwei neue Gebäude für das Parlament errichtet.
Die allein lohnen den Besuch auf der Insel. Die Architekten gaben den beiden blockartigen Gebäuden eine Fassade, bei der Teile über Jahre gealtert zu sein scheinen. Diese Durchlässe haben jedoch eine Funktion: sie erlauben im Sommer eine natürliche Lüftung, während der Stein die Hitze aus dem Gebäude heraushält. Dennoch lassen sie Tageslicht ins Gebäude hinein.
Im Fels unter den Fundamenten führen geothermische Bohrungen bis in 100 m unter Meeresniveau. Sie unterstützen die Klimaanlage. Zusammen mit Solaranlagen kommt im Winter 80% der Energie für die Temperierung aus natürlichen Quellen, im Sommer sind es 60%.
Ein Hingucker ist nun auch wieder der Zugang zur Innenstadt durch die Festungsmauern (City Gate). Die Architekten haben ihn als monumentale Bresche inszeniert, mit mächtigen Steinblöcken beiderseits des Durchgangs, senkrecht stehenden Stahlrändern als Abgrenzung zu den historischen Mauern und mit zwei 25 m hohen Masten.
Der Besucher kommt sich vor wie weiland der Pharao, der in seine Stadt einzieht. Nun ja, auf der Insel gibt es schließlich auch Megalithbauten, die aus der Zeit vor den Pyramiden stammen.
Nicht zuletzt sind die Steilküsten rund um Malta sehenswert.
Leeuwarden in den Niederlanden
Was es zu Leeuwarden und Umgebung in Sachen Naturstein zu sagen gibt, geht hauptsächlich auf das Mittelalter zurück. Damals gab es in Friesland unsichere Zeiten, da eine zentrale Macht fehlte, und so ließen sich die lokalen Aristokraten Fluchtburgen („stinzen“) bauen. Die muss man sich als rechteckige Türme vorstellen, umgeben oft von einem Wasserring und meist nur wenige Geschosse hoch. Der Stein für solche Anlagen und auch für wichtige Kirchen kam häufig aus der Eifel und wurde mit Booten über die Ijssel herangeschafft.
Ein Beispiel für eine Fluchtburg aus Backstein ist der Schierstins bei Venwouden aus dem Jahr 1439, bei dem es Zugangstüren in den oberen Etagen gibt. Später wurden Wohnhäuser angebaut.
Schierstins (holländisch)
(09.04.2018)