Am denkmalgeschützten Ort Deir el Qamar haben die Planer ein modernes Gebäude mit Fernsicht und Offenheit zur Landschaft platziert
„Ausgehend von einer kritischen Würdigung der traditionellen Bauweise des Dorfes kokettiert der Entwurf mit der Landschaft und fordert sie teils heraus“, schreiben die Architekten des Büros Rab architects über das Wohnhaus mit dem Namen DK House, das sie im Dorf Deir el Qamar im Libanon gebaut haben. Nun muss man wissen, das jene Ortschaft unweit von Beirut zu den Schmuckstücken dort zählt: der Dorfkern steht unter Denkmalschutz und ist geprägt von der traditionellen Bauweise aus Stein mit engen Gassen entlang des Hangs.
Mit „kritischer Würdigung“ ist gemeint, dass die traditionelle Bauweise in der Gegend sich in dem modernen Haus widerspiegeln sollte, dass die Architekten gleichzeitig aber auch die Möglichkeiten des modernen Bauens nutzen wollten.
Kalkstein war ehemals das typische Baumaterial, das in der Gegend gewonnen wurde. Beim DK House ist es sandgestrahlter Travertin aus Italien. Der Grund dafür ist, dass die Architekten mit den Strukturen in diesem Stein die Außenwände gestalten wollten – insbesondere durch die dunklen Bänder, die praktisch um das ganze Haus herumlaufen, entsteht das gewünschte Bild eines monolithischen Gebäudes.
Louai Nouaihed vom Architekturbüro verweist darauf, dass es in Deir el Qamar wie auch sonst wo im Libanon schon immer große Einflüsse aus Europa gab, etwa im 17. und 18. Jahrhundert in Form von Stilelementen aus der Toskana oder in Form der roten Dachziegel aus Marseille.
Die traditionelle Bauweise der doppelten Außenmauern aus Stein zum Zweck der Temperaturisolation findet sich beim DK House in Form der vorgehängten Fassade mit 3 cm dicken Travertinplatten vor den Stahlbetonwänden wieder.
Die traditionellen Arkaden, die man als Bögen überall im Dorf findet, sind bei dem Neubau nur angedeutet – beim DK House ist alles rechteckig.
Mehr noch: während die Häuser, wie üblich rund ums Mittelmeer, sich an die Hänge zu ducken scheinen und sich vor der Sonnenhitze verschließen, präsentiert sich der Neubau von einer Offenheit, die geradezu mitreißend ist. Es ging darum, das Gebäude zu „öffnen, um die Landschaft zu feiern“, schreiben die Architekten.
Eine zentrale Idee sind dabei die beiden Außenwände im obersten Geschoss, die verschiebbar sind (siehe Fotos ganz oben). Man muss sich das tägliche Erlebnis für die Bewohner vorstellen, wenn sie in der Morgenfrische nicht nur die Fenster öffnen, sondern die Wände weit aufschieben, um das Panorama zu genießen. In einem separaten Text aus unserer Serie „Steindetail“ gehen wir ein auf einige der technischen Fragen, die mit solchen beweglichen Konstruktionen mit Naturstein verbunden sind.
Der Bezug zur Landschaft war den Architekten ein besonderes Anliegen. So ist das Drinnen mit dem Draußen nicht nur durch die Schiebewände, sondern auch durch einen einheitlichen Travertin-Fußboden verbunden.
Auch die Gestaltung der Innenräume ist offen und flexibel ausgeführt. Das zeigt sich beim Wohnzimmer, das als durchgehender Raum eine Kücheninsel und einen großen Esstisch umfasst, und genauso beim Masterschlafzimmer und Badezimmer: Badewanne und Dusche sind nur durch eine Glasscheibe mit Vorhang abgetrennt.
Überall öffnen sich Fenster oder Türen mit Blick über die Landschaft.
Die gesamte Wohnfläche auf 3 Etagen am Hang beträgt 900 m². Beim Naturstein handelt es sich um den Travertin Silver Crema, den die libanesische Firma GAF & Co lieferte.
Die Leitung im Architektenteam hatte Rani Boustani. Zu der Arbeitsgruppe gehörten Chirine Sayegh und Elias Soueidi.
Fotos: Julien Harfouche, Tony Elieh
(14.06.2021)