Nur virtuell: die Generalversammlung von Euroroc fand am 02. Oktober 2020 im Netz statt

Die Generalversammlung von Euroroc fand in diesem Jahr im Netz statt. Foto von der Piazza Gae Aulenti unweit vom Bahnhof Porta Garibaldi in Mailand.

Hermann Graser vom deutschen Verband DNV wurde turnusmäßig zum Präsidenten für die kommenden beiden Jahre gewählt

Die Generalversammlung von Euroroc, der Dachorganisation der nationalen Branchenverbände in Europa, fand am 02. Oktober 2020 diesmal nur virtuell statt. Deutlich zeigte sich die Schwäche solcher Zusammenkünfte via Zoom, nämlich der Mangel an Austausch im Vorbeigehen oder an Gelegenheit, einzelne Fragen zu vertiefen. Anders ausgedrückt: anders als auf der Marmomac, wo das Treffen normalerweise stattfindet und man sich schon vorher beziehungsweise danach zum Mittagessen sowie abends noch mal im Restaurant trifft, war es diesmal schon wieder vorüber, kaum dass es begonnen hatte, und nur wenig blieb davon im Nachhinein.

Der wichtigste Tagesordnungspunkt war die Wahl des neuen Präsidenten, der turnusmäßig alle 2 Jahre bestimmt wird. Benannt wird der Kandidat in einem festgelegten Wechsel zwischen den nationalen Verbänden. Für die kommenden 2 Jahre wurde Hermann Graser von der deutschen Firma Bamberger Natursteinwerke bestimmt, der demnächst auch das Präsidentenamt in seinem Heimatverband (Deutscher Natursteinwerkstein Verband, DNV) übernehmen soll.

Ziel seiner Präsidentschaft sei, „der Stimme des Natursteins Gehör zu verschaffen und bei den Entscheidern ein Bewusstsein dafür zu erreichen, welche Rolle der Stein für unsere Kultur gespielt hat“, sagte er in einer kurzen Dankesrede. Wir werden ihn in Kürze vorstellen und in einem Interview zu Details befragen.

Bildschirmfoto mit einigen der Teilnehmer.

Von den Verbänden gab es kurze Corona-Lageberichte (Links zu den Verbänden unten), Stand 02. Oktober 2020:
* Deutschlands Steinbranche ist nur „wenig betroffen“, so Reiner Krug vom DNV. Viele Investoren hätten zwar Bauprojekte aufgeschoben, jedoch gebe es im Bereich Garten- und Landschaftsbau sogar eine positive Entwicklung;
* Spaniens Natursteinbranche lebt im Moment nur vom Export, so Javier Fernández Cortés (Cluster Piedra, CT Marmol), der heimische Markt ist praktisch zusammengebrochen. Corona habe die Wirtschaft “wie mit Mehltau” belegt. Bis Jahresende rechnet er mit -20% bis -30% bei den Umsätzen der Branche;
* in Großbritannien sind die Umsätze aus dem kommerziellen Bereich nur wenig betroffen; Nachfrage gibt es zwar aus dem Garten- und Landschaftsbau, dort fehlen aber die Fachkräfte für Natursteinprojekte; unklar seien die Folgen des Brexit, so Michael Poultney (Stone Federation Great Britain);
* in der Türkei gab es bei den Blockexporten nach China bisher -30%, bei den Exporten von verarbeiteten Produkten jedoch +5%, so Aydin Dincer (Istanbul Mineral Exporters’ Association, IMIB). Für das ganze Jahr erwartet er insgesamt -15%;
* Norwegen leidet nur wenig unter Corona, berichtete Ragnar Kjeserud (Norsk Bergindustri), außerdem “ist unser Premierminister sehr auf der Seite der Steinbranche”. Die Krise habe eine deutliche Steigerung beim privaten Interesse an Naturstein gebracht (Stichwort: Cocooning);
* Irland hatte zwar 2 Monate lang einen Shutdown, jedoch sei die Baubranche dort weiterhin stark. „Für 2 Jahre haben wir genug Projekte in der Pipeline“, so Niall Kavanagh (Firma McKeon Stone), der das Land vertritt, seit es dort keinen Verband mehr gibt;
* in Portugal gab es nur für wenige Firmen einen kompletten Shutdown. Die Rückgänge im Export waren nach Zielländern sehr unterschiedlich. Zurzeit arbeiten alle Steinfirmen wieder voll, dafür gibt es große Probleme im Transport aufgrund einer Knappheit an Containern und steigenden Kosten. Gegen den Trend liefen die steigenden Exporte nach China, so Nelson Cristo (Assimagra);
* die finnische Vertreterin, Sini Laine (Kivi – Stone from Finland), berichtete von business as usual in der Steinbranche ihres Landes. Es habe „sehr viel“ Unterstützung von staatlicher Seite gegeben. Jedoch erwartet sie generell eine Rezession;
* Italien hatte für 8 Wochen einen kompletten Shutdown, und nichts von einer notwendigen finanziellen Hilfe sei, anders als zum Beispiel in Deutschland, bei den Firmen angekommen, außer dem Hinweis, sich doch bei den Banken um Kredite zu bemühen, grantelte Stefano Ghirardi (Confindustria Marmomacchine): „Wir sind allein und schwimmen im weiten Ozean ohne ein Rettungsseil“, gab er die Stimmung wieder. Eine heimische Nachfrage gebe wegen der Rezession praktisch nicht, jedoch wolle die Branche ohnehin auf die internationalen Exporte fokussiert bleiben. Stark sei die Konkurrenz seitens der Keramikindustrie.

Generalsekretär Gerd Merke berichtete über die Themen, die Euroroc auf europäischer Ebene bearbeitet, unter anderem die Geographical Indications (Link unten). Eine Übersicht der aktuellen Themen zeigt der folgende Screenshot:

Euroroc General Assembly 2020

Anmerkungen einiger Teilnehmer im Verlauf der Generalversammlung:
* Sini Laine aus Finnland kündigte an, dass in ihrem Land derzeit neue Umweltvorschriften für Baumaterialien erarbeitet werden;
* Nelson, Cristo, Portugal: Assimagra plant, eine „DNA“ seiner Steine zu erstellen, um damit Original und Namensfälschungen unterscheiden zu können;
* Stefano Ghirardi (Confindustria Marmomacchine): erstmals ist eine italienische Natursteinfirma an die Börse gegangen, nämlich Franchi Umberto Marmi.

Ergänzung zur deutschen Präsidentschaft: der Verband hat sich bereit erklärt, die Euroroc-Webpage, die von den belgischen Vorgängern neu gestaltet worden war, zu betreuen.

Auch bei der Organisation der so genannten Virtuellen Teams will er unterstützend wirken. Zu dieser Idee eine Erläuterung von Generalsekretär Gerd Merke: „Wir hatten festgestellt, dass nicht alle wichtigen Themen gleichermaßen alle Mitgliedsländer betreffen. Deshalb wurden während der belgischen Präsidentschaft (2018-2020) Virtuelle Teams eingerichtet, wo sich Verbände oder Firmen austauschen können; das können kleine Gruppen oder auch große Workshops sein. Zum Beispiel: Schweizer Firmen und der Verband haben großes Know-how in Sachen Swimmingpools, und in einem der Teams kamen sie mit britischen Firmen zum Austausch zusammen. Ähnliche Teams wurden für die Entwicklung von Testmethoden und zum CE-Kennzeichen gegründet.“

Links zu den Verbänden, die Mitglieder bei Euroroc sind

Geographical Indication (GI) (1, 2)

Global Heritage Stone Resource (GHSR) (1, 2)

Soy Milk Case

See also:

(04.11.2020)